Gedoens

ein föderierender Mikroblog

Selbstverantwortungs-Rant

Die letzten 30 Jahre

ObstComputer hatte eine Vision und MikroComputer hat es nachgemacht. Irgendwann konnte dann Bildbearbeitung Hintergründe vervollständigen und Objekte verschwinden lassen. Neulich waren dann realistisch wirkende aber künstlich generierte Bilder der heiße Scheiß, inzwischen finden ebensolche Videos Verbreitung und Texte müssen auch nicht mehr selbst geschrieben werden.

Hinter jeder dieser Entwicklungen steckt dieselbe Botschaft: Interesse ist unnötig > Du musst nichts können und kannst trotzdem all diese geilen Sachen machen.

Jeden Tag auf der Straße dokumentieren Autos mit Fahrassistenten, dass offenbar niemand mehr selbst blinken oder etwa um sich blicken muss und im werbegetakteten Fernseh-Einerlei reduziert sich tagtägliches Leben auf Selbstoptimierung und Inanspruchnahme von Dienstleistungen als Spitze der Evolution.

Die Botschaft > Alles ist immer leichter zu tun oder zu haben.
Die Bedeutung > Alles ist austauschbar.

Gerade atmen geplagte Nutzer:innen auf, weil sie plötzlich nicht mehr in der Verantwortung für ihr Tun stehen müssen. Die Welt ist zu kompliziert geworden, als dass das noch ein 'normaler' Mensch durchschauen könnte.
Die neue Lösung > mehr Technik.

Die Technik verstecken

Eine Tendenz solcher Entwicklungen im Alltags-IT-Bereich geht schon lange dahin, den Nutzer von vermeintlich erschreckender Technik zu schützen. Das beginnt bei Menüs und dezidierten Funktionsbuttons, die zugunsten sogenannter Assistenten versteckt werden, wodurch sich komplexe Verarbeitungsschritte auf ein paar Mausklicks oder Multiple-Choice-Antworten reduzieren lassen.

Auf diese Weise lassen sich tatsächlich Aufgaben bewältigen, für die man zuvor einiges an Wissen und/ oder Erfahrung benötigt hätte.
Allerdings bringt man auch immer nur diejenigen Kenntnissen in den so vereinfachten Prozess ein, die man eben hat. Und das Ergebnis hängt dann von der Qualität der Implementierung ab und wird – austauschbar.

Was ist nun passiert

Ein anderes Beispiel im sehr speziellen Bereich der täglichen Büro- und Privatkommunikation ist das Ausblenden realer eMail- und Link-Adressen in Mailsoftware (ACHTUNG Fachbegriff: 'Mail-Client'). Über die Motivation der Programmierer:innen solcher Software kann nur spekuliert werden.

Meiner Vermutung nach geht es zumindest bei den Mail-Adressen darum, die Nutzer:innen nicht mit technischem Gedöns zu erschrecken, was mutmaßlich Gefühle der Überforderung auslösen könnte.
Stattdessen sehen diese nur den Anzeigenamen von Mailabsendern – jenen 'Vollen Namen', der bei der Einrichtung eines Mail-Clients als natürlich lesbarer und einfach zu merkender Name angegeben und auch jederzeit verändert werden kann.

Eine andere Interpretation dieser Entwicklung unterstellt die Störung eines ästhetischen Empfindens, welches sowohl durch die Anzeige technischer Mailadressen, als auch technischer Ziele von Verlinkungen ausgelöst werden kann.
Das passt zu einer Beobachtung im gleichen Feld, bei der Webseiten ein pixelgenaues Layout abgerungen wird und folgerichtig auch eMails entsprechend Formatiert werden sollen.
Dies geschieht mit ACHTUNG Fachbegriff: 'HTML'.

Im Grunde ist ein solches Formatierungsansinnen folgerichtig, wenn zielgenau möglichst viel Werbung und sonstige Botschaften platziert werden sollen und dies zur eigentlichen Botschaft von Nachrichten und Webseiten wird.

Aber HTML kann eben auch Elemente verstecken und sogar Programmcode ausführen.

Was folgt daraufhin

Nun bekommen also so viele Nutzer:innen wie nie zuvor im Stundentakt Mails von ihrer Bank, weil ein Konto gesperrt werden muss, von ihrem Provider, weil die Domain zur Disposition steht, oder von der Krankenkasse, dem Streaming-Anbieter, dem Food-Lieferanten oder was-weiß-ich, weil umgehend Daten bestätigt werden müssen oder eine sonstwie sofortige Reaktion vonnöten ist.

Ah, ich bin wichtig, ich bin gefragt, ich bin unersetzbar.

Plausibilität

Geht's noch? Simples Kopfeinschalten kann viele solcher Aufforderungen als Falschnachrichten entlarven. Habe ich überhaupt ein Konto bei dieser Bank? Wieso bekomme ich eine offensichtlich für einen Admin bestimmte Nachricht? Woher hat dieser Dienstleister meine eMail-Adresse?

Wer hierbei schon scheitert, hat die Kontrolle über sein IT-Leben längst verloren. Von 'Beherrschen' des Werkzeugs 'Mail-Client' kann nicht die Rede sein, nur weil man einen Text zu lesen fähig ist. Davon abgesehen bedeutet lesen ja noch nicht begreifen.
Allen anderen bringt im zweiten Schritt ein Blick auf die tatsächliche Adresse eines Absenders und/ oder eines Links Klarheit.
Und hier kann die Technik übrigens schon immer helfen.

Technische Lösung

Das zumindest von mir wahrgenommene Geschrei nach technischen Lösungen meint dagegen vermutlich gut verpackte Prozesse, die selbst Bewertungen vornehmen und den Nutzer in seiner flauschig durchdesignten Klick-Welt belässt.

In der Folge sind dann wohl noch mehr Mails entweder 'im Spamordner verschwunden, sorry' und das bloße Ansehen eines Mailanhangs wird ein halbes Dutzend Sicherheitsabfragen, einen Online-Check durch allmächtige, aber unbekannte Institutionen und im Zweifel eine Extrarunde durch den Quarantäneordner erfordern, aus dem ihn nur der Admin zurückholen kann. Der kommt aber erst nächste Woche und hat eigentlich besseres zu tun.

Das wiederum wird die Nutzenden derart ermüden, dass sie einfach wie bisher jeglichen Dialog unbesehen Abnicken. Danke auch.

Kenne Dein eMail-Werkzeug

Leute, wo hakt es? Schaltet die Anzeige der tatsächlichen technischen Mail-und Linkadressen ein und macht euch vertraut damit, einen kurzen Blick darauf zu werfen.

Wie im Browser auch, wird diese Information spätestens dann angezeigt, wenn man mit der Maus darüber fährt – meistens unten in der Fußzeile des Fensters oder auch als ACHTUNG Fachbegriff: Popup direkt neben dem Mauszeiger. Und zum impulsgesteuerten Anklicken müsst ihr die Maus ohnehin dorthin bewegen. Keine zusätzliche Arbeit also.

Wenn dann als tatsächlicher Absender einer Nachricht selbst von der eigenen Hausbank so etwas wie '0815@promotion-wasweissichdenn.eu' steht, ist eigentlich jede Frage beantwortet.
Gleiches gilt für einen Link mit dem Text 'Daten jetzt verifizieren', dessen technische Adresse sich als '4711-gleichhabichdich.network.uk' verbirgt.
Und bitte, wenn die Adresse stattdessen mit '4712' beginnt, dann ist das kein bisschen besser.

Amen

Eine Handreichung für irritierte Neubewohner:innen

tl;dr * Jede Instanz ist die 'richtige' * Zum Füllen der Zeitleiste ist Eigeninitiative nötig * 'Doppelte' Accountnamen haben Gründe

Verteilte Struktur als Einstiegshürde

Einer der wesentlichten Unterschiede zu den bekannten sozialen Netzwerken ist die Verteilung unseres Netzes auf mehrere Server – genannt Instanzen.

Diese Eigenschaft macht das Netzwerk robuster gegen technische Störungen und manipulative Eingriffe, aber genau diese dezentrale Struktur sorgt auch für Verwirrung und ist vermutlich die größte Einstiegshürde für Neuhier's.

Der 'richtige' Server zur Anmeldung

Als erste Frage stellt sich diejenige nach der 'richtigen' Instanz, auf der mensch sich anmelden sollte. Auf zentral organisierten Netzwerken irrelevant, beeinflusst diese Entscheidung hier im Fediverse die ersten Schritte neuer Nutzer:innen nicht unwesentlich.

Es gibt große Instanzen, wie mastodon.social und sehr kleine Instanzen wie dica.interfel.de. Nicht alle sind offen für Neuanmeldungen und einige haben sich auf bestimmte Gruppen oder Themenbereiche fokussiert.

Allen gemeinsam ist, dass sie grundsätzlich über Servergrenzen hinweg mit einander kommunizieren können. Daher ist es prinzipiell erstmal egal, auf welcher Instanz ein Account liegt.

Jede Instanz ist 'richtig'

Leere Zeitleiste

Nach der Neuanmeldung bleibt die eigene Zeitleiste zunächst leer und das wird sich auch nicht ändern, solange niemandem aktiv gefolgt wird.

Kein Algorithmus reichert hier automatisiert die persönliche Timeline um 'beliebte' Beiträge oder auch um Werbung an.

Daher geht es als erstes darum, interessante und/ oder relevante Nutzer:innen zu finden, denen mensch folgen möchte.

Kontakte finden und sich vernetzen

Im Detail der Bedienung unterscheiden sich die Plattformen des Fediverse, wie Mastodon, Friendica, Pleroma usw von einander, aber vom Prinzip her funktioniert die Suche nach Kontakten und deren Verknüpfung ähnlich.

  • Am einfachsten hat es, wer bereits Namen interessanter Accounts kennt, sei es von Webseiten oder aus dem Freundeskreis. So ein Accountname wird in die Suchleiste eingegeben und in der Ergebnisliste der Suche sendet ein '+' neben dem Namen eine Folgeanfrage. Einige Kontakte sind dann sofort verbunden, andere müssen vom Angefragten bestätigt werden.
  • Eine andere Möglichkeit liegt darin, durch die 'lokale Zeitleiste' (auch 'lokale Chronik', 'lokale Gemeinschaf') zu scrollen. Hier laufen alle diejenigen öffentlichen Beiträge durch, die von Nutzer:innen dieser Instanz geschrieben wurden. An dieser Stelle haben große Instanzen einen Vorteil, einfach weil potentiell mehr Teilnehmer:innen und Beiträge vorhanden sind. Auch themenorientierte Instanzen können wegen zielgerichteterer Beiträge von Vorteil sein. Der Klick auf einen interessanten Accountnamen führt zu dessen Profilanzeige mit der Schaltfläche für eine Folgeanfrage.
  • Ganz ähnlich funktioniert die 'globale Zeitleiste' (auch 'föderierte Chronik', 'globale Gemeinschaft'), nur dass hier alle Beiträge auch von bekannten externen Instanzen durchlaufen. Das sind solche Instanzen, mit denen Nutzer:innen dieser Instanz in Verbindung stehen.

Im Ergebnis werden nun Beiträge und Kommentare der verbundenen Kontakte die persönliche Zeitleiste füllen. In den angezeigten Threads werden sich auch Kommentare und geteilte Beiträge anderer Nutzer:innen finden, denen ebenfalls gefolgt werden kann.

So füllt sich die Zeitleiste und das Netz der persönlich kuratierten Kontakte wächst.

Zusammensetzung von Accountnamen

Weil es verschiedene Server im Netzwerk gibt und jeder Account auf so einem Server liegt, muss bei der Adressierung von Nutzer:innen dieser mit angegeben werden. Das ist im Grunde wie bei eMail-Adressen, wo neben dem eigenen Namen nach einem '@'-Zeichen der betreffende Mailserver mit angegeben wird.

So ein Account im Fediverse besteht dementsprechend aus zwei Teilen: 1) dem Namen selbst und 2) dem Namen der Instanz.

Beiden wird ein '@'-Zeichen vorangestellt. Der Accountname des Autors ist beispielsweise @blonk@blow.interfel.de. Dabei ist @blonk die Name selbst und @blow.interfel.de die Instanz, auf der dieser Blog liegt.

(Doppelte) Accountnamen?

Aus unterschiedlichen Gründen kann es vorkommen, dass Nutzer:innen ihre Instanz wechseln wollen. Eine Person zieht also von einer Instanz auf eine andere um.

Entsprechend der Struktur von Accountnamen kann für den ersten Teil erneut derselbe Name verwendet werden, der zweite Teil – die Bezeichnung der (neuen) Instanz – ändert sich aber zwangsläufig. Zur Wiedererkennung kann es sinnvoll sein, im ersten Teil denselben Namen zu nutzen und vielleicht auch dasselbe Profilbild.

Bei der Suche nach Accounts kann das nun zu Irritationen führen, weil in der Ergebnisliste mehrere Accounts zu einer Person angezeigt werden. Hintergrund ist, dass bei Umzügen der alte Account in der Regel nicht gelöscht wird, damit alte Beiträge weiterhin lesbar bleiben.

Hier hilft es, sich kurz die Beiträge der gefundenen Accounts anzusehen: derjenige mit den neuesten Einträgen wird der aktuell genutzte Account der gesuchten Person sein, dem es zu folgen lohnt.

#fediverse #accountnamen #mastodon #neuhier

Ein Blick auf Kommunikationslösungen

tl;dr * Messenger in Verbindung mit Smartphones erweitern ab 2007 die Möglichkeiten der persönlichen digitalen Kommunikation erheblich. * Das Feld potentieller Kommunikationspartner:innen wird durch Soziale Netzwerke nochmals auf bis dahin unbekannte Personen, Gruppen oder auch Medien ausgeweitet. * Die Teilnahme an Austausch und Diskussion abseits kommerzieller Dienste bietet aktive Teilhabe und überwindet die Limitierungen klassischer Messenger.

Vorgeschichte

Seitdem Besucher:innen nicht mehr handgeschriebene Zettel and der verschlossenen Wohnungstür von Freunden hinterlassen müssen, weil es SMS gibt (ca. 1985) und Mobiltelefone Verbreitung finden (ca. 1992), haben sich die Möglichkeiten der persönlichen elektronischen Kommunikation stetig erweitert. Einen großen Sprung machte diese Entwicklung mit der Entdeckung des Smartphones (ab 2007) und der Weiterentwicklung von Instant Messaging-Diensten (ab 1996) zu WhatsApp (ca. 2009). Später kamen die Dienste Threema (ab 2012), Signal (ab 2014) und auch Telegram (ab 2013) hinzu, um nur einige zu nennen.

Insbesondere der Wechsel von der SMS hin zum Messenger bedeutete einen großen Schritt im Möglichkeitsfeld, denn nun ließen sich nicht nur schnelle kurze Textnachrichten austauschen, sondern auch Bilder, Dokumente und andere Informationen. Ein Siegeszug, der nicht mehr aufzuhalten war.

Messenger

Die Nutzung von Messengern deckt einige Bedürfnisse der Kommunikation ab:

  • Statusnachrichten und kurzfristige Abstimmungen zwischen Einzelpersonen,
  • Gruppenbildung mit der Möglichkeit, Nachrichten und Medien an alle Mitglieder zu verteilen und darauf auch in die Gruppe zu antworten.

Messenger stellen aus diesen Gründen ein effizientes Werkzeug der Kommunikation dar.

Besonders niedrigschwellig wird die Nutzung durch den Abgleich der Smartphone-Adressbücher während der Registrierung beim Diensteanbieter: umgehend sieht jede:r Nutzer:in, welche bekannte Person noch bei diesem Dienst registriert ist und kann sofort Nachrichten austauschen oder auch Gruppen zusammenstellen. Die Grenze für Verbindungen ist der gemeinsam genutzte Dienst und das persönliche Adressbuch.

Soziale Netzwerke

Hier kommen die Sozialen Netzwerke ins Spiel. Sie erweitern den Kreis der Kommunikationspartner:innen auf beliebige Personen und Gruppen, solange diese ebenfalls bei demselben Dienst registriert sind. Teilnehmer:innen beschreiben sich selbst in einem persönlichen Profil und nach der Bestätigung einer Verbindungsanfrage seitens Dritter sind die Beteiligten mit einander vernetzt und können einander folgen oder auch beidseitig kommunizieren. Beispiele hierfür sind Facebook (ab 2004) und Twitter (ab 2006).

Soziale Netzwerke bieten die Möglichkeit, mit bisher unbekannten Personen, Gruppen oder auch Medien im Verbindung zu treten und erweitern dadurch das verfügbare Informationsspektrum erheblich. Auf der anderen Seite bieten sie Anbietern, Journalisten, Bürgerrechtlern und Spezialisten eine Plattform, um ihr Wissen zu teilen und auf einfache Weise öffentlich zur Verfügung zu stellen.

Den bisher erwähnten Messengern und Sozialen Netzwerken gemeinsam ist, dass die Registrierung immer zentral beim jeweiligen Diensteanbieter erfolgt und erfolgen muss. Hier laufen alle Stränge zusammen.

Das bringt Vorteile mit sich, wie die

  • sehr einfache Vernetzung mit bereits persönlich bekannten Menschen durch den Abgleich von Telefonnummern als identifizierendes Merkmal,
  • vergleichsweise einfache Ausdehnung der Vernetzung auf weitere Teilnehmer:innen durch Suchfunktionen auf dem zentralen Server des jeweiligen Diensteanbieters,

bedingt aber auch Nachteile, wie die

  • Festlegung auf den angeboteten Dienst und dessen Funktionalität,
  • Möglichkeit von Zensurmaßnahmen seitens des zentralen Anbieters,
  • Gefahr des Abschaltens des gesamten Netzwerks durch staatliche Eingriffe oder durch Einstellen des Dienstes seitens des Anbieters (z.B. Google+ 2019),
  • Datensammlung und Auswertung von Kommunikationsstrukturen und Verhaltensweisen zu verschiedenen Zwecken,
  • Eskalation von Gesprächsverläufen durch Manipulation und Priorisierung vermeintlich reichweitenstarker Beiträge.

Zudem gehen bei der Einstellung eines Dienstes oder dem Ausschluß aus einem Dienst alle Vernetzungen zu Kommunikationspartner:innen verloren.

Die Fragen von Zensur oder Manipulation stellte sich zuletzt im April 2022, als bekannt wurde, dass Elon Musk beabsichtigt, den Dienst Twitter zu kaufen. Auch wenn er behauptet, der Kommunikation zu mehr Freiheit verhelfen zu wollen, geht mit so einer Übernahme immer die Gefahr einher, dass sich die gesellschaftliche oder politische Ausrichtung eines Dienstes verändert und/ oder polarisiert.

Die bis dahin beim Dienst registrierten Nutzer:innen sind solchen Neuausrichtungen ausgeliefert und können wenig dagegen tun. Schlimmstenfalls müssen sie den Dienst verlassen und verlieren damit ihre persönliche Kommunikationsplattform und deren soziale Struktur.

Dezentrale Strukturen

Ein Ausweg aus diesem Dilemma bieten dezentrale Strukturen. Sie werden nicht zentral an einer Stelle verwaltet, sondern verteilen sich auf vielerlei Server. Wenn einer oder wenige davon aus technischen oder manipulativen Gründen ausfallen, so funktioniert das übrige Netz weiter.

Ein allseits bekanntes Netzwerk dieser Art ist das System der eMail (ab 1980er). Weltweit gibt es unzählbare Server, etwa beim Internetprovider (Ionos, Strato, Hetzner, ...), bei Plattformen (gmx.de, web.de, yahoo.de, ...), bei spezialisierten Diensten (mailbox.org, posteo.de, ...) oder auch beim individuell gepflegten Server einzelner Firmen oder Personen. Trotz dieser Vielfalt können alle Teilnehmer:innen miteinander kommunizieren und Nachrichten und Dokumente über jede Grenze hinweg austauschen.

Dieses einfache und robuste System ist zwar in die Tage gekommen, es hat aber bis heute alle technischen Revolutionen und auch Serverschließungen (z.B. Compuserve 2009) überdauert und steht weiterhin jedem interessierten neuen Serverbetreiber zur Teilnahme offen.

Dezentrale Soziale Netzwerke

Diesem Gedanken folgend sind in den letzten Jahren verschiedene Ansätze für dezentrale Soziale Netzwerke entstanden. Sie vereinen die Möglichkeiten sozialer Vernetzungen mit der Robustheit und Freiheit dezentraler Strukturen.

Prominente Vertreter solcher Kommunikationsplattformen sind Diaspora (ab 2012) oder die Plattformen des sogenannten Fediverse (ab 2008). Hierbei handelt es sich um eine wachsende Anzahl spezialisierter Dienste für den Austausch von kurzen Nachrichten, von formatierten Texten oder Beiträgen, Bildern, Musik oder Videos, die aufgrund einer gemeinsamen Sprache namens ActivityPub unter- und miteinander kommunizieren können.

Jede:r Interessierte kann einen oder auch mehrere solcher Dienste betreiben und so sind in den vergangenen Jahren weltweit vielerlei unterschiedlich große Instanzen (Server) entstanden, auf denen bis zu mehreren tausend Teilnehmern registriert sind. Kleine individuelle Server hosten auch nur einzelne Personen oder sind einem Verein oder dem Freudeskreis vorbehalten. Gleichzeitig können alle Nutzer:innen dieser inhaltlich unterschiedlich ausgerichteten Instanzen und verschieden großen Server miteinander in Verbindung treten. Und wenn einer davon seinen Betrieb einstellt, dann ist das übrige Netz hiervon nicht betroffen.

Die unterschiedlichen Dienste des Fediverse erinnern teils an bestehende zentralisierte und kommerzielle Plattformen wie Facebook, Twitter, Youtube oder Instagram und ersetzten diese zur Vernetzung im dezentralen Fediverse. Sie heißen dann Friendica, Mastodon, Peertube oder Pixelfed.

Auch dieser minimalistische Blog namens Gedoens ist Teil des Fediverse und Nutzer:innen anderer Plattformen können ihm folgen, so dass sie über neue Beiträge benachrichtigt werden. Der Blog basiert auf der Schreibplattform Writefreely und wird vom Autor auf einem eigenen Server betrieben.

Zunehmend sind auch verantwortungsbewußte Vereine, verschiedene politische Parteien, einige Behörden, Journalisten und weitere Einzelpersonen des öffentlichen Lebens vertreten. Das Spektrum von Meinungen und Informationen liegt damit jetzt schon jenseits von AP- oder DPA-Meldungen, die ihre Verbreitung viel zu oft über angeteaserte Überschriften finden, die mit 'Warum', 'Was', 'Wie' oder 'Eilmeldung' beginnen.

Fazit

Mit seiner wachsenden Vielfalt bietet das Fediverse seinen Nutzer:innen aktive Teilhabe an Informationsaustausch und Diskussion ausserhalb kommerziell ausgerichteter zentralisierter Dienste. Und auch die Möglichkeiten des persönlichen Austausches gehen weit über die Limitierungen klassischer Messenger hinaus.

kleine Auswahl an interessanten Teilnehmer:innen

#kommunikation #messenger #netzwerke #zentral #dezentral #fediverse

Ein Testbeitrag über föderierende Blogs im Fediverse

Eine Recherche zum Thema Blogplattformen im Fediverse fördert vorrangig die beiden Tools Plume und WriteFreely zutage.
WriteFreely erscheint minimalistischer und damit zunächst auch einfacher zu bedienen und übersichtlicher. Plume bringt ein paar nützliche Zusatzfunktionen.
Eine weitere föderierende Bogging-Alternative wäre Microblog.pub, die hier nicht weiter behandelt wird. Abseits dieser Alternativen gibt es auch ein ActivityPub-Plugin für Wordpress. Allerdings liegt der Fokus der Betrachtung auf minimalistischen Blogplattformen und in diesem Kontext sprengt Wordpress den Rahmen.

Die Gemeinsamkeiten beider Systeme

  • Beiträge werden (optional) über das ActivityPub-Protokoll verteilt
  • Beiträge lassen sich über Markdown-Befehle formatieren
  • Während der Bearbeitung wird keine parallele Vorschau der Markdown-Formatierung angezeigt, eine Draft-Ansicht liefert aber eine entsprechende Darstellung vor der Veröffentlichung.

Writefreely

  • Kennt keine Kommentare seitens der Leser:innen und somit auch keine Feedback-Interaktionen auf der Plattform selbst.
  • Bilder und Medien lassen sich zwar via Markdown einbinden, die Daten selbst müssen aber extern gehostet und dann entsprechend referenziert werden.
  • Nicht veröffentliche Drafts können außenstehenden Leser:innen über den internen Link zugänglich gemacht werden.
  • Im Single-User-Modus ist der Admin der einzige Autor. Der Multi-User-Modus erweitert die (öffentliche) Oberfläche um Optionen zur Registrierung (abschaltbar) und WriteFreely-Promotions.

Plume

  • Ein Plume-Nutzer kann mehrere Blogs unter eigenen Namen unabhängig von einander verwalten. Die verfassten Artikel werden diesen Blogs zugewiesen.
  • Bilder und andere Mediendaten (Videos, Dokumente, ...) lassen sich direkt innerhalb der Plattform hosten und in einer Galerie anzeigen.
    Beim Import von Medien kann eine Meta-Beschreibung festgelegt werden.
  • Der Editor separieren Titel und Untertitel vom eigentlichen Text und ergänzt zudem besondere Datenfelder wie Tags oder Informationen zum Copyright.
  • Jedem Artikel kann eine sogenannte Illustration als Opener zugewiesen werden. Es handelt sich um ein Artikelblild, das im angezeigtn Blog die beiden Überschriften hinterlegt.

Fazit

  • Die Trennung von Inhalt und Überschriften und eine ausgereiftere Darstellung von Blogartikeln lassen Plume professioneller erscheinen. Abschließende Sektionen für Tags, Copyright, Likes und Kommentare unterhalb des Artikels weisen in Richtung größerer Plattformen.
  • Die visuell Möglichkeiten von WriteFreely beschränken sich auf diejenigen der verwendeten Markdown-Formatieroptionen. Insbesondere die fehlende Hinterlegung mit einem Artikelbild schmälert die Präsentation fertiger Beiträge. Die Einbindung von ausschließlich extern gehosteter Mediendaten zwingt zu flexiblerem Umgang. Ein nettes Feature stellt die Möglichkeit dar, nicht veröffentliche Texte über Links an ausgewählte Leser:innen zu verteilen.

Quellen

#fediverse #federated #blog #writefreely #plume