Gedoens

dezentral

Ein Blick auf Kommunikationslösungen

tl;dr * Messenger in Verbindung mit Smartphones erweitern ab 2007 die Möglichkeiten der persönlichen digitalen Kommunikation erheblich. * Das Feld potentieller Kommunikationspartner:innen wird durch Soziale Netzwerke nochmals auf bis dahin unbekannte Personen, Gruppen oder auch Medien ausgeweitet. * Die Teilnahme an Austausch und Diskussion abseits kommerzieller Dienste bietet aktive Teilhabe und überwindet die Limitierungen klassischer Messenger.

Vorgeschichte

Seitdem Besucher:innen nicht mehr handgeschriebene Zettel and der verschlossenen Wohnungstür von Freunden hinterlassen müssen, weil es SMS gibt (ca. 1985) und Mobiltelefone Verbreitung finden (ca. 1992), haben sich die Möglichkeiten der persönlichen elektronischen Kommunikation stetig erweitert. Einen großen Sprung machte diese Entwicklung mit der Entdeckung des Smartphones (ab 2007) und der Weiterentwicklung von Instant Messaging-Diensten (ab 1996) zu WhatsApp (ca. 2009). Später kamen die Dienste Threema (ab 2012), Signal (ab 2014) und auch Telegram (ab 2013) hinzu, um nur einige zu nennen.

Insbesondere der Wechsel von der SMS hin zum Messenger bedeutete einen großen Schritt im Möglichkeitsfeld, denn nun ließen sich nicht nur schnelle kurze Textnachrichten austauschen, sondern auch Bilder, Dokumente und andere Informationen. Ein Siegeszug, der nicht mehr aufzuhalten war.

Messenger

Die Nutzung von Messengern deckt einige Bedürfnisse der Kommunikation ab:

  • Statusnachrichten und kurzfristige Abstimmungen zwischen Einzelpersonen,
  • Gruppenbildung mit der Möglichkeit, Nachrichten und Medien an alle Mitglieder zu verteilen und darauf auch in die Gruppe zu antworten.

Messenger stellen aus diesen Gründen ein effizientes Werkzeug der Kommunikation dar.

Besonders niedrigschwellig wird die Nutzung durch den Abgleich der Smartphone-Adressbücher während der Registrierung beim Diensteanbieter: umgehend sieht jede:r Nutzer:in, welche bekannte Person noch bei diesem Dienst registriert ist und kann sofort Nachrichten austauschen oder auch Gruppen zusammenstellen. Die Grenze für Verbindungen ist der gemeinsam genutzte Dienst und das persönliche Adressbuch.

Soziale Netzwerke

Hier kommen die Sozialen Netzwerke ins Spiel. Sie erweitern den Kreis der Kommunikationspartner:innen auf beliebige Personen und Gruppen, solange diese ebenfalls bei demselben Dienst registriert sind. Teilnehmer:innen beschreiben sich selbst in einem persönlichen Profil und nach der Bestätigung einer Verbindungsanfrage seitens Dritter sind die Beteiligten mit einander vernetzt und können einander folgen oder auch beidseitig kommunizieren. Beispiele hierfür sind Facebook (ab 2004) und Twitter (ab 2006).

Soziale Netzwerke bieten die Möglichkeit, mit bisher unbekannten Personen, Gruppen oder auch Medien im Verbindung zu treten und erweitern dadurch das verfügbare Informationsspektrum erheblich. Auf der anderen Seite bieten sie Anbietern, Journalisten, Bürgerrechtlern und Spezialisten eine Plattform, um ihr Wissen zu teilen und auf einfache Weise öffentlich zur Verfügung zu stellen.

Den bisher erwähnten Messengern und Sozialen Netzwerken gemeinsam ist, dass die Registrierung immer zentral beim jeweiligen Diensteanbieter erfolgt und erfolgen muss. Hier laufen alle Stränge zusammen.

Das bringt Vorteile mit sich, wie die

  • sehr einfache Vernetzung mit bereits persönlich bekannten Menschen durch den Abgleich von Telefonnummern als identifizierendes Merkmal,
  • vergleichsweise einfache Ausdehnung der Vernetzung auf weitere Teilnehmer:innen durch Suchfunktionen auf dem zentralen Server des jeweiligen Diensteanbieters,

bedingt aber auch Nachteile, wie die

  • Festlegung auf den angeboteten Dienst und dessen Funktionalität,
  • Möglichkeit von Zensurmaßnahmen seitens des zentralen Anbieters,
  • Gefahr des Abschaltens des gesamten Netzwerks durch staatliche Eingriffe oder durch Einstellen des Dienstes seitens des Anbieters (z.B. Google+ 2019),
  • Datensammlung und Auswertung von Kommunikationsstrukturen und Verhaltensweisen zu verschiedenen Zwecken,
  • Eskalation von Gesprächsverläufen durch Manipulation und Priorisierung vermeintlich reichweitenstarker Beiträge.

Zudem gehen bei der Einstellung eines Dienstes oder dem Ausschluß aus einem Dienst alle Vernetzungen zu Kommunikationspartner:innen verloren.

Die Fragen von Zensur oder Manipulation stellte sich zuletzt im April 2022, als bekannt wurde, dass Elon Musk beabsichtigt, den Dienst Twitter zu kaufen. Auch wenn er behauptet, der Kommunikation zu mehr Freiheit verhelfen zu wollen, geht mit so einer Übernahme immer die Gefahr einher, dass sich die gesellschaftliche oder politische Ausrichtung eines Dienstes verändert und/ oder polarisiert.

Die bis dahin beim Dienst registrierten Nutzer:innen sind solchen Neuausrichtungen ausgeliefert und können wenig dagegen tun. Schlimmstenfalls müssen sie den Dienst verlassen und verlieren damit ihre persönliche Kommunikationsplattform und deren soziale Struktur.

Dezentrale Strukturen

Ein Ausweg aus diesem Dilemma bieten dezentrale Strukturen. Sie werden nicht zentral an einer Stelle verwaltet, sondern verteilen sich auf vielerlei Server. Wenn einer oder wenige davon aus technischen oder manipulativen Gründen ausfallen, so funktioniert das übrige Netz weiter.

Ein allseits bekanntes Netzwerk dieser Art ist das System der eMail (ab 1980er). Weltweit gibt es unzählbare Server, etwa beim Internetprovider (Ionos, Strato, Hetzner, ...), bei Plattformen (gmx.de, web.de, yahoo.de, ...), bei spezialisierten Diensten (mailbox.org, posteo.de, ...) oder auch beim individuell gepflegten Server einzelner Firmen oder Personen. Trotz dieser Vielfalt können alle Teilnehmer:innen miteinander kommunizieren und Nachrichten und Dokumente über jede Grenze hinweg austauschen.

Dieses einfache und robuste System ist zwar in die Tage gekommen, es hat aber bis heute alle technischen Revolutionen und auch Serverschließungen (z.B. Compuserve 2009) überdauert und steht weiterhin jedem interessierten neuen Serverbetreiber zur Teilnahme offen.

Dezentrale Soziale Netzwerke

Diesem Gedanken folgend sind in den letzten Jahren verschiedene Ansätze für dezentrale Soziale Netzwerke entstanden. Sie vereinen die Möglichkeiten sozialer Vernetzungen mit der Robustheit und Freiheit dezentraler Strukturen.

Prominente Vertreter solcher Kommunikationsplattformen sind Diaspora (ab 2012) oder die Plattformen des sogenannten Fediverse (ab 2008). Hierbei handelt es sich um eine wachsende Anzahl spezialisierter Dienste für den Austausch von kurzen Nachrichten, von formatierten Texten oder Beiträgen, Bildern, Musik oder Videos, die aufgrund einer gemeinsamen Sprache namens ActivityPub unter- und miteinander kommunizieren können.

Jede:r Interessierte kann einen oder auch mehrere solcher Dienste betreiben und so sind in den vergangenen Jahren weltweit vielerlei unterschiedlich große Instanzen (Server) entstanden, auf denen bis zu mehreren tausend Teilnehmern registriert sind. Kleine individuelle Server hosten auch nur einzelne Personen oder sind einem Verein oder dem Freudeskreis vorbehalten. Gleichzeitig können alle Nutzer:innen dieser inhaltlich unterschiedlich ausgerichteten Instanzen und verschieden großen Server miteinander in Verbindung treten. Und wenn einer davon seinen Betrieb einstellt, dann ist das übrige Netz hiervon nicht betroffen.

Die unterschiedlichen Dienste des Fediverse erinnern teils an bestehende zentralisierte und kommerzielle Plattformen wie Facebook, Twitter, Youtube oder Instagram und ersetzten diese zur Vernetzung im dezentralen Fediverse. Sie heißen dann Friendica, Mastodon, Peertube oder Pixelfed.

Auch dieser minimalistische Blog namens Gedoens ist Teil des Fediverse und Nutzer:innen anderer Plattformen können ihm folgen, so dass sie über neue Beiträge benachrichtigt werden. Der Blog basiert auf der Schreibplattform Writefreely und wird vom Autor auf einem eigenen Server betrieben.

Zunehmend sind auch verantwortungsbewußte Vereine, verschiedene politische Parteien, einige Behörden, Journalisten und weitere Einzelpersonen des öffentlichen Lebens vertreten. Das Spektrum von Meinungen und Informationen liegt damit jetzt schon jenseits von AP- oder DPA-Meldungen, die ihre Verbreitung viel zu oft über angeteaserte Überschriften finden, die mit 'Warum', 'Was', 'Wie' oder 'Eilmeldung' beginnen.

Fazit

Mit seiner wachsenden Vielfalt bietet das Fediverse seinen Nutzer:innen aktive Teilhabe an Informationsaustausch und Diskussion ausserhalb kommerziell ausgerichteter zentralisierter Dienste. Und auch die Möglichkeiten des persönlichen Austausches gehen weit über die Limitierungen klassischer Messenger hinaus.

kleine Auswahl an interessanten Teilnehmer:innen

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